Dienstag, 13. September 2011

Ertholms Raunen und Stöhnen.


Kurz nach dem Ablegen der Fähre stürmt es immer mehr und die Ostsee entwickelt  geradezu atlantische Charakterzüge. Nie würde die gute alte Ertholm, wie unsere Fähre heisst, den Eindruck erwecken, dem mehr als großzügig bemessenen Wellengang, nicht trotzen zu können – trotzdem scheint sie von den vielen Brechern hin und wieder nicht ganz unbeeindruckt. Ganz sicher allerdings erwecken die Passagiere an Bord der Ertholm einen etwas nervöseren Eindruck. Die Stimmung in der Fähre hat etwas von der Atmosphäre der Wallstreet kurz vor Börsencrash. Wenn dicht an dich gedrängt, Handzeichen zu Nachfrage und Angebot gegeben werden. Den absoluten Höhenflug  erlebt dabei der Kurs von Rückwärtsverdauungs-Papiertüten: Hand hoch ohne Tüte = Tüten-Nachfrage. Hand hoch mit Tüte = Tütenabgabe-Angebot. Blitzschnell werden Tüten mit Mehrwert abgestossen und noch im selben Atemzug gegen neue Optionen gehandelt. Das Ganze begleitet von einem Raunen und Stöhnen, wie es Hollywood nicht hätte dramatischer inszenieren können. Die Stewards der Fähre, die hier den Papiertütenverkehr regulieren, werden ganz schön auf Trab gehalten. Aber sie erledigen ihre Aufgabe mit gewohnt dänischem Lächeln, professioneller Coolness und stets sicherem Schritt in den wallenden Wogen der See. Als wir den Bornholmer Hafen erreichen und wieder festen Boden unter den Füssen haben,  wissen wir, das Meer – auch die Ostsee – ist tückisch. Anschließendes Tuborg in der Hafenbar Provianten fließt daher um so verdienter durch unsere Seebärenkehlen. Und wir freuen uns über zwei praktische Papiertüten als unvergessliche Fährreiseerinnerung.


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